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Die Queer-Theorie (engl. queer theory) ist eine seit Anfang der 1990er Jahre in den USA entwickelte Kulturtheorie, die den Zusammenhang von zugewiesenem Geschlecht (engl. sex), Gender (sozialem Geschlecht) und sexuellem Begehren (engl. desire) kritisch untersucht.

Überblick[]

Die Theorie geht davon aus, dass die Geschlechtsidentität und die sexuelle Identität durch Handlungen erzeugt werden.

Unter Rückgriff auf die Methoden und Erkenntnisse von Dekonstruktion, Poststrukturalismus, Diskursanalyse und Gender Studies versucht die Queer-Theorie, sexuelle Identitäten, Machtformen und Normen zu analysieren und zu dekonstruieren. Als wichtige Theoretiker und Vordenker gelten unter  anderem Michel Foucault, Judith ButlerEve Kosofsky Sedgwick und Michael Warner . Die Anwendung der Theorie in einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen bezeichnet man als Queer Studies.

Die neuere Queer-Theorie beschäftigt sich nicht nur mit der Dekonstruktion von Sexualität, sondern mit allen Aspekten der Kultur in Bezug auf Geschlechter und Geschlechterrollen und eventuell daraus resultierenden Ausbeutungsverhältnissen. Als einer der wichtigsten Punkte wird dabei die radikale Offenheit des Begriffes queer genannt, der in zahlreichen Debatten immer wieder durch Gruppen neu angeeignet werden müsse, die inkludiert werden wollen. Diese Definition von queer als „radikale Offenheit durch immer wiederkehrende Reinterpretation des Begriffes“ ist nur eine mögliche Definition von queer. Dieser Definition ist immanent, missbraucht werden zu können; zum Beispiel von politischen Gruppen, die seine Offenheit einzuschränken versuchen (z. B. queer als Synonym für LesBiSchwul und trans*Personen usw.), oder von apolitischen Gruppierungen, die diese als „Spaßbezeichnung“ verwenden.

Eines der zentralen Themen der Queer-Theorie ist die Sprachphilosophie bzw. -akttheorie, die schon bei der Bezeichnung „Queer-Theorie“ eine Rolle spielt, nämlich in der Wiederaneignung der ursprünglich abwertenden Bezeichnung queer, und der Versuch, diese in einen neuen Kontext zu setzen.

Literatur (Auswahl)[]

  • AG Queer Studies (Hrsg.): Verqueerte Verhältnisse. Intersektionale, ökonomiekritische und strategische Interventionen. Männerschwarm Verlag, Hamburg 2009, ISBN 978-3-939542-40-7.
  • Bruce Bawer (Hrsg.): Beyond Queer. Challenging Gay Left Orthodoxy. New York 1996, ISBN 0-684-82766-2.
  • Judith ButlerBodies That Matter: On the Discursive Limits of “Sex”. Routledge, 1993.
    • deutsche Übersetzung: Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001 (1. Auflage 1993), ISBN 3-518-11737-8.
  • Fatima El-Tayeb: Begrenzte Horizonte. Queer Identity in der Festung Europa. In: Hito Steyerl, Encarnatión Gutiérrez Rodríguez (Hrsg.): Spricht die Subalterne deutsch? Migration und postkoloniale Kritik. Münster 2003, ISBN 3-89771-425-6.