Mathieu Carrière (*2. August 1950 in Hannover) ist ein deutscher Autor und Schauspieler. Im Juli 2020 outete er sich als trans*.[1][2]
Auszeichnungen[]
Im Jahr 1971 erhielt Carrière den Filmpreis von Karlovy Vary für Das Haus der Bories. Am 21. Juni 2002 empfing er die Ritterwürde der französischen Ehrenlegion für seine künstlerischen Verdienste.
Leben[]
Mathieu Carrière wuchs in Ilten in der Nähe Hannovers, in Berlin und ab 1962 in Lübeck auf. Seine Eltern waren der Neurologe und Psychiater Bern Carrière (1921–2015) und Jutta Carrière (1920–2012). Der Name der deutschen Familie ist hugenottischen Ursprungs. Mit 17 Jahren kam Carrière auf ein Jesuiteninternat im bretonischen Vannes. Von 1969 bis 1979 studierte er Philosophie in Paris bei Gilles Deleuze und veröffentlichte zum Abschluss ein Buch über Heinrich von Kleist. Carrière verlor früh seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Till, einen Theaterschauspieler, der seinem Leben im Alter von 26 Jahren durch Suizid ein Ende setzte. Seine Schwester Mareike Carrière (1954–2014), die einem Krebsleiden erlag, war ebenfalls Schauspielerin und gelegentlich an der Seite ihres Bruders vor der Kamera zu sehen. Mathieu und sein Cousin Justus Carrière begleiteten Mareike während ihres Lebensendes intensiv.
Der junge Carrière sammelte seine erste Bühnenerfahrung als Emil in einer Dramatisierung von Erich Kästners Emil und die Detektive auf der Schulbühne des Lübecker Gymnasiums Katharineum. Mit fast 14 Jahren gab er in Rolf Thieles Thomas Mann-Verfilmung Tonio Kröger als Titelheld sein Leinwanddebüt, 1966 machte ihn die Titelrolle in der Literaturverfilmung Der junge Törless, Volker Schlöndorffs Debütfilm nach Robert Musil, international bekannt. Wiederum zwei Jahre später begann Carrière seine umfangreiche Filmkarriere und drehte oft drei bis fünf, später noch mehr Filme jährlich, darunter fast zwei Jahrzehnte vorrangig französische Produktionen. Nach dem homoerotisch geprägten Historienfilm Pforten des Paradieses aus dem Jahre 1968 unter der Regie von Andrzej Wajda folgten Hauptrollen in künstlerisch anspruchsvollen Werken wie dem schwer zugänglichen Malpertuis von Harry Kümel an der Seite von Orson Welles und in zwei Filmen der Künstlerin Marguerite Duras, India Song (1975) und Le navire Night (1979). Hervorgehoben werden müssen daneben Ein wildes Leben von Roger Vadim, das Carrières Image des dekadenten und erbarmungslosen Teutonen festigte, und der indizierte Slasher Die Hinrichtung aus dem Jahr 1978, in dem er einen Massenmörder verkörperte. In seiner Zeit in Paris trat Carrière nebenher im Alcazar de Paris als Travestiekünstler auf, strippte zu Monologen aus Shakespeares Hamlet und sang Lieder von Zarah Leander.
Der Fangschuss nach Marguerite Yourcenar hatte Carrière 1976 wieder mit Volker Schlöndorff zusammengeführt, bald darauf verbuchte er in Deutschland immer größere Erfolge, so mit der Hauptrolle in der hochkarätigen Fernsehserie Ein Mann will nach oben nach Hans Fallada. Erwähnenswerte Filme der 1980er Jahre sind Egon Schiele – Exzesse neben Jane Birkin, Die Spaziergängerin von Sans-Souci, in dem letztmals Romy Schneider auftrat, und der mit dem bundesdeutschen intellektuellen Zeitgeist jener Tage erfüllten Erfolgsfilm Die flambierte Frau von Robert van Ackeren. Hier spielte Carrière an der Seite von Gudrun Landgrebe einen Gigolo und Verführer – ein Part, der sein Rollenfach in Deutschland für die folgenden zehn Jahre prägen sollte. Nebenher war er in exzentrischen, kaum bekannten Independent-Produktionen zu sehen, mit denen er dem Rollentypus des Schönlings zu entkommen versuchte, und trat in exponierten Episodenrollen der Serien Derrick und Der Alte auf. Seine Engagements führten ihn im Lauf der Zeit u. a. auch nach Polen (Blutiger Schnee), Finnland (Angelas krig), Kanada (The Bay Boy) und die USA (Serien wie Spenser und Zurück in die Vergangenheit). Um 1990 war er besonders oft in spanischen Produktionen zu sehen, darunter 1988 als gewissenloser Killer in der Gewaltorgie Lust am Töten mit Antonio Banderas und 1989 im Drama Una ombra en el jardi, das ihn als Bewohner eines mysteriösen Appartementhauses zeigte.
Nach der Wiedervereinigung trat Carrière im Film Rosamunde des DDR-Kultregisseurs Egon Günther auf, darauf folgte Malina nach dem Roman von Ingeborg Bachmann unter der Regie Werner Schroeters. Gemeinsam mit Burt Lancaster war er 1989 in der Großproduktion Die Verlobten zu sehen, 1992 an der Seite von Michael Douglas, Liam Neeson und Melanie Griffith in Wie ein Licht in dunkler Nacht, einem Spionage-Melodram, das im nationalsozialistischen Deutschland spielt, und in Christopher Columbus – Der Entdecker neben Marlon Brando. Daneben steigerte Carrière sein ohnehin beachtliches Arbeitspensum fürs Fernsehen enorm und wurde zu einem der gefragtesten TV-Darsteller der 1990er Jahre. Von 1992 bis 1995 war er in der idyllischen Familienserie Schloss Hohenstein zu sehen, danach gehörte er zur internationalen Darstellerriege der Mehrteiler Die Rückkehr des Sandokan (1996) und Prinzessin Amina (1997). Wichtige Auftritte erfolgten zudem in Das Mädchen Rosemarie (1996) von Bernd Eichinger und als pädophiler Staatsanwalt im Kult-Tatort Manila.
Schon früh zeichnete sich Carrières Karriere durch Grenzverschiebungen und Experimentierlust aus. Einmal zugeschriebenen Stereotypen versuchte sich der Künstler gern zu entziehen und changierte seine Auftritte zwischen hochintellektuellem Kunstkino und seichter Unterhaltung. Seit Beginn des neuen Jahrtausends konnten die Filme, in denen er auftrat, aber nur selten die Qualität bisheriger Werke erreichen. Meist beschränkte Carrière sich hier auf prägnante Nebenrollen in Historien- oder Kriminalfilmen. Er war im Laufe der Zeit zudem Gaststar bei Utta Danella, Pfarrer Braun, Ein Fall für zwei, Unter uns, Rosenheim-Cops, Der Bulle von Tölz, Alarm für Cobra 11 und Dein Wille geschehe. Eine dauerhafte Rolle war der Robert Broda in der Telenovela Anna und die Liebe. Nebenher intensivierte er seine Theaterarbeit, ging mit Dieter Laser auf Tournee und war in der Rolle des Ölbarons ein beliebter Star der Karl May-Festspiele in Bad Segeberg.
Seit etwa 2010 nahm Carrières Engagement im Unterhaltungsbereich stark zu. Bereits zuvor war er gelegentlich mit markanten, mitunter schroffen und streitbaren Auftritten in Talk- und Spieleshows wie Harald Schmidt und Zimmer frei! aufgefallen. Im April 2010 nahm er an der Tanzshow Let's Dance teil, schied jedoch bereits in der zweiten Folge aus, und er war 2011 in der fünften Staffel Bewohner des RTL-Dschungelcamps in Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!, wo er den sechsten Platz erreichte. 2013 nahm er an der Doku-Soap Frauentausch teil und wechselte seinen Alltag mit dem ehemaligen Boxer René Weller, zudem war er beim Perfekten Promi-Dinner und der Promi-Shopping-Queen zu sehen. Dies alles wird von der Presse mitunter als Abstieg eines einstmals gefeierten Leinwandidols ähnlich des Falles Helmut Berger interpretiert, während Carrière selbst auch und gerade dem Trash der Moderne viel abzugewinnen vermag.
Carrière war mehrfach verheiratet und hat zwei Töchter: Alice Isabelle, geb. 1985 in den USA, und Elena, geb. 1996. Er lebte jeweils viele Jahre in Paris, New York und Venedig und hat seit dem Tod seiner Eltern seinen Lebensmittelpunkt von Lübeck nach Hamburg verlegt.
Veröffentlichungen[]
- Für eine Literatur des Krieges, Kleist. Essay. Stroemfeld/Roter Stern, Basel und Frankfurt 1981
- Wilde Behauptung: Jennifer Bartlett und die Kunst. Gespräch. Boer, München 1994
- Im Innern der Seifenblase. Roman. Frankfurter Verl.-Anst., Frankfurt 2011
Hörbücher und -spiele[]
- Der Process. Erzählt von Alexander Khuon, Mathieu Carriere und Anja Niederfahrenhorst, Verlag Patmos, Düsseldorf 2007.
- Franz Kafka. 1 Audio-CD, gelesen von Mathieu Carrière und C. Bernd Sucher, Argon Verlag 2008
- Lesung aus Kalter Wind in Genua. am 31. Oktober 2007, Universum Lounge, Berlin Mathieu Carrière liest aus dem Werk von Bruno Morchio.
Bühne[]
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Filmografie (Auswahl)[]
Kinofilme[]
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Fehrnsehproduktionen[]
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Regie[]
- 1973: Alcazar de Paris (Co-Regie)
- 1989: Zugzwang